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China ist nicht zu beneiden

vignette_nosseck_bockEigentlich müsste sich hierzu unser Global Oldie Matthias Fargel äußern. Er ist nämlich ein ausgewiesener Asienkenner. Doch auch mich reizte die Meldung, dass China seine Bürger dazu verpflichten möchte, sich um ihre alten Verwandten zu kümmern. Das kann man einfach nicht unkommentiert stehen lassen. Es zeigt sich hier, dass eine an sich wohl überlegte Vorgabe aus grauer Vorzeit, nämlich die Ein-Kind-Familie, nun ihre Schattenseite zeigt. Das Reich der Mitte droht zu überaltern. Außerdem sind die Kinder in der aufstrebenden Industrienation schon sehr gefordert, mit dem ständigen Wandel ihrer Lebensumstände zurecht zu kommen.
Auch die einzigen Enkel sind häufig nicht in der Lage, die Alten zu pflegen und sie regelmäßig zu besuchen. Sie müssen das Land zur Industrienation aufbauen. Im Moment exportiert China Pflekräfte, auch nach Deutschland. Sie sollen später ihre Kenntnisse wieder mit nach hause bringen und auch helfen, eine professionelle Pflege zu ermöglichen. Eine Mammutaufgabe.
Man kann die dörflichen Strukturen und die alten Traditonen aber nicht erst zerstören, um sie später per Gesetz wieder einzufordern. Ich bin gespannt, wie die Geschichte weitergeht.
Ich bin übrigens froh, dass unser System so gut ausgebaut ist, dass ein ambulanter Pflegedienst innerhalb von einem Tag die Versorgung aufnehmen kann. Schließlich ist die Versorgung von alten und kranken Menschen keine Aufgabe, die allein gutwilligen Laien überlassen werden kann. Hier gehören Profis hin, die auch entsprechend dafür bezahlt werden sollten. Ob das China auch noch klar wird?

Eine Antwort

  1. Wiedergutmachung auf Chinesisch :
    Die in China am 1.Juli in Kraft getretene Novellierung des „Gesetzes zum Schutz der Rechte und Interessen der Älteren“ verpflichtet in vagen Worten staatliche Einrichtungen, Gesellschaft und Angehörige, sich neben den materiellen auch um die seelischen Bedürfnisse der Senioren zu kümmern. Weder Art noch Häufigkeit der Zuwendung seitens der Kinder oder Enkel sind gesetzlich vorgegeben; diese liegen im fallbezogenen Ermessen der angerufenen Schiedsstellen oder Gerichte. Alles andere wäre auch unpraktikabel in einem Land mit 4000 Km Ausdehnung, hundert millionenfacher Armutsmigration in die Metropolen und Millionen Auslandschinesen. Dieses Gesetz ist jedoch nicht nur der sozialpolitischen und demographischen Aufgabe geschuldet, sich um 185 – 200 Millionen Ruheständler zu kümmern.
    Der jetzige Wortlaut ist meiner Meinung nach eine symbolische Verneigung und Wiedergutmachungsgeste vor jener Generation, die millionenfach Opfer der Roten Garden während der chinesischen Kulturrevolution (1966-1976) waren. Mao’s rote Garden versuchten, die „bürgerlich- revisionistischen“ Familienkonzepte zu zerschlagen; vor allem in Bauern- und Bürgerfamilien trennten die Radikalen Eltern von den Kindern, sogar Ehepaare rissen sie auseinander, um einen neuen kommunistischen Menschentyp zu formen. Mit verheerenden sozialen und wirtschaftlichen Folgen, die erst mit der Verhaftung der radikalen „Viererbande“ und Zhou En Lai’s und Deng Xiao Ping’s Realpolitik ein Ende nahmen.
    Heute findet sich die offizielle kommunistische Politik in bisweilen seltsam anmutender Übereinstimmung mit den zweitausend Jahre alten konfuzianischen Prinzipien einer chinesischen Gesellschaft, in der die Fürsorgepflicht von Staat – und explizit der einst geächteten Familie hochgehalten werden.
    Global Oldie

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