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Risiko für ältere Menschen sinkt durch bessere Narkose-Überwachung

Orientierungslosigkeit, Angst und Halluzinationen sind Anzeichen von Verwirrtheitszuständen, die auch nach einer größeren Operation vorkommen können. Von dem sogenannten postoperativen Delir sind besonders ältere Menschen betroffen. Die Arbeitsgruppe um Prof. Dr. med. Claudia Spies, Direktorin der Klinik für Anästhesiologie mit Schwerpunkt operative Intensivmedizin an der Charité – Universitätsmedizin Berlin, hat auf dem Hauptstadtkongress (HAI) 2013 in Berlin aktuelle Forschungsergebnisse zur Delir-Prävention präsentiert.

Das Risiko für ältere Patienten ist bei Operationen hoch. Jetzt sorgen neue Forschungserkenntnisse für ein Umdenken im OP. Foto: epd
Das Risiko für ältere Patienten ist bei Operationen hoch. Jetzt sorgen neue Forschungserkenntnisse für ein Umdenken im OP. Foto: epd

Verwirrtheitszustände nach Operationen treten in bis zu 70 Prozent der Fälle auf. Der Krankheitszustand und das Alter des Patienten sowie die Art des Eingriffes sind beeinflussende Faktoren. Die betroffenen Patienten haben ein erhöhtes Risiko, längerfristig kognitive Einschränkungen davon zu tragen. Häufig ist damit ein erhöhter Pflegebedarf verbunden. Die Sterblichkeitsrate ist ebenfalls erhöht. In einer großen randomisierten kontrollierten Studie mit 1.155 über 60-jährigen Patienten konnte gezeigt werden, dass eine Elektroenzephalografie (EEG) bei der Narkose-Überwachung die Delir-Häufigkeit signifikant um 22,9 Prozent senken kann [1]. „Da nur wenige therapeutische Maßnahmen für das postoperative Delir verfügbar sind, ist eine derartige Prävention die beste Option“, kommentiert Professor Dr. med. Christian Werner, Präsident der DGAI, den Stellenwert der Forschungsarbeit.
In einer randomisierten kontrollierten Studie [1] hat Prof. Spies von der Charité – Universitätsmedizin Berlin zusammen mit ihren Kollegen gezeigt, dass die postoperative Delir-Häufigkeit durch ein EEG-gestütztes Neuromonitoring der Narkosetiefe signifikant gesenkt werden kann. Dabei wird die elektrische Aktivität des Gehirns gemessen, indem Spannungsschwankungen an der Kopfoberfläche aufgezeichnet werden. Insgesamt 1.155 Patienten, die älter als 60 Jahre waren wurden in zwei Gruppen eingeteilt: Bei der Interventionsgruppe (n=575) haben die Anästhesisten während der Operation die Narkosetiefe mittels EEG überwacht. Bei der Kontrollgruppe (n=580) wurde das Monitoring verblendet. „Das EEG zeigt die Auswirkung der Narkose auf das Gehirn. Dies gibt uns die Möglichkeit, die Anästhesie präziser zu führen, Zustandsänderungen des Patienten während der Narkose zu erfassen und darauf zu reagieren”, führt Spies aus. In der Gruppe mit EEG-Monitoring wurden bei 16,7 Prozent der Patienten nach dem Eingriff Verwirrtheitszustände festgestellt. Der Anteil der Kontrollgruppe betrug dagegen 21,4 Prozent. „Aus der Studie geht hervor, dass die Wahrscheinlichkeit für ein postoperatives Delir mit einem entsprechenden Monitoring um 22,9 Prozent niedriger ausfiel“ ergänzt Priv.-Doz. Dr. Finn M. Radtke, Oberarzt an der Klinik für Anästhesiologie an der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Die Studienergebnisse wurden in der internationalen Fachzeitschrift British Journal of Anasthesia veröffentlicht.
Bedeutender Stellenwert der Prävention
Angesichts der Tatsache, dass das postoperative Delir mit einem erhöhten Risiko für kognitive Störungen und Sterblichkeit einhergeht und die Therapieoptionen nicht zufriedenstellend sind, steht die Krankheitsprävention im Vordergrund. „Die Forschungsarbeit liefert daher wertvolle Hinweise, wie die Anwendung anästhesiologischer Überwachungsmethoden die Krankheitsentstehung beeinflussen kann“, sagt Werner und führt weiter aus: „Für den Patienten kann dies ein Plus an Lebensqualität, wenn nicht sogar eine höhere Überlebenschance bedeuten.“

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