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Streik in Kindertagesstätten

vignette_mielenzZurzeit werden kommunale Kindertagesstätten im ganzen Land – sogar unbefristet – bestreikt. Eltern und Kinder stehen vor verschlossenen Türen. Das trifft alle hart, besonders dann, wenn keine Großeltern in der Nähe wohnen oder nicht zur Verfügung stehen oder wenn Nachbarn und Freunde nicht bei der Kinderbetreuung helfen können.

Streik ist ein wichtiges (Druck-)Mittel, im Arbeitskampf Forderungen gegen den Arbeitgeber durchzusetzen. Im Streik der Erzieherinnerinnen und Erzieher geht es um die Aufwertung des Berufes, um mehr Wertschätzung und Anerkennung einer verantwortungsvollen und immer anspruchsvolleren Arbeit mit einer besseren Bezahlung. Gefordert wird eine etwa 10%ige Einkommensverbesserung durch eine höhere Einstufung in der Gehaltstabelle. Manche Eltern haben kein Verständnis für den Streik und sind geradezu wütend, die meisten Eltern aber unterstützen die Forderungen der Gewerkschaft, obwohl sie etliche Probleme zu lösen haben…. und das auf eine unbestimmte Zeit. Kinder lassen sich nicht wie Postpakete stapeln und erst Tage später austragen und sie sind auch keine Autos, die eben nicht produziert werden.

Rechtzeitige Bekanntgabe der Streiktermine und kommunale Notlösungen sollen Eltern helfen, sich auf die fehlende Kinderbetreuung einzurichten, notfalls müssen sie jedoch zu Hause bleiben, Überstunden abfeiern oder Urlaub nehmen, natürlich abgestimmt mit dem Arbeitgeber… und der wird wohl nicht immer begeistert sein. Zu finanziellen Einbußen der Eltern kann es auch kommen. Fehltage wegen einer längeren Schließung der Kindertagesstätte werden nicht bezahlt, da kann der Familienurlaub schon mal ganz anders werden als geplant. Darüber hinaus: Die Elternbeiträge für die Kindertagesstätte sind futsch, sie müssen wegen “höherer Gewalt” nicht an die Eltern zurückbezahlt werden. Also die Kinder einfach zur Arbeit mitnehmen? Auch das ist vom Wohlwollen des Arbeitgebers und von der Arbeitssituation abhängig und wird wohl nur in Einzelfällen möglich sein.

Eigentlich absurd: Eltern und vielleicht auch Großeltern, die die bestmögliche Erziehung ihrer Kinder in Kindertagesstätten wollen, sind die Leidtragenden des Streiks. Wir wollen doch genauso wie die Streikenden, dass die Kinder immer individuell gesehen werden, dass sie viel lernen und ihre Kreativität gefördert wird, dass sie emotional und sozial aufgefangen werden und vor allem, dass frühzeitig erkannt wird, wenn in der Entwicklung der Kinder was nicht stimmt. Gerade deswegen sollten wir Eltern und Großeltern den Streik unterstützen und endlich die Anerkennung des Erzieherberufs einfordern, dem wir in Kindertagesstätten unsere Kinder anvertrauen.

 

 

 

4 Antworten

  1. was Sie da ansprechen, ist überaus kompliziert. Kein Demokrat ist gegen das Streikrecht, glücklicherweise grundgesetzliche geschützt. Niemand aus der Fachszene ist inzwischen vernünftigerweise gegen die Forderung, die pädagogischen Grundberufe müssten statusmäßig und finanziell aufgewertet und verbessert werden. Die alte Hierarchie, für die älteren Kinder und die jungen Erwachsenen die besser ausgebildeten und bezahlten Pädagogen (also etwa Hochschullehrer vor Gymnasiallehrern, dann die der Mittelstufen und die Grundschullehrer und dann – eben ganz unten – die Erzieher (natürlich immer w/m gemeint), ist vergangen. Alle, die ein wenig nachdenken, kommen zu dem Ergebnis, dass die Pädagogen, die ‘den Grund legen’, mindestens vergleichbar im Status und der Bezahlung der anderen sein sollten.
    Aber das ist kein einfaches Paket, gute, richtige Reformen brauchen auch etwas Zeit für eine doch ziemlich gravierende Umstellung, wie sie jetzt als Streikziel vorgegeben wird. Bessere Eingruppierungen und Verbesserungen der Vergütungen betragen so um die 10 %, das ist doch sehr viel und für viele Kommunen kaum ‘auf einen Schlag zu bewältigen’. Die deutschen Gewerkschaften sind inzwischen Organisationen, die richtigerweise nach angemessenen Kompromissen suchen und ich finde, das ist auch in diesem Falle angebracht: Schritt für Schritt, aber das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren und sich auf dem Wege dahin weiter voran zu bewegen, das erschiene mir richtig. Denn wir sind nicht mehr im Jahre 1974, als die ÖTV 15 % + ein zusätzliches Urlaubsgeld verlangte, um über den Lohn umzuverteilen – und damit wohl auch zum Sturz des damaligen Kanzlers Brandt beitrug.

  2. Ob ein Kanzler Brandt letztlich an einer Gewerkschaftsforderung “gescheitert” ist, halte ich für eine mutige These. Was bleibt ist die derzeitige Forderung von plus 10%. Das erscheint viel, und so mancher Arbeitnehmer, gleich welcher Branche, wünscht sich das auch. Ich denke, dass diese illusorische Forderung ganz gezielt auf das Bewusstsein der Eltern gerichtet ist, zu reflektieren, was Pädagogen für diese Altersgruppe für sie (die Eltern leisten). Meine Tochter ist Erzieherin in einer privatrechtlichen Kita. Sie ist zufrieden mit ihrem Gehalt. Sie muss ständig Überstunden leisten, weil KollegInnen ausfallen und weil Erziehungsberechtigte Zeiten nicht einhalten (können). Sie liebt den Job und vor allem die Kinder und kann ihre Freizeit nur eingeschränkt planen, da sie ständig einspringen muss. Bei einem befreundeten Paar sind beide berufstätig. Zwei Kinder sind in der Kita. Das Gehalt des einen finanziert die beiden Plätze. Ich halte das für ein gesellschaftliches Phänomen. Wenn, egal wer, die Betreuung der Kinder übernähme, bliebe genug Raum für soziale Kontakte der Kinder. Wenn die sozio-ökonomischen Rahmenbedingungen es aber erfordern, dass für die dauerhafte Eigenplanung eine Aufrechterhaltung der “Karriere” unabdingbar ist, im Job zu sein, krankt es. Kein Zweifel, viele sind auf Doppelverdiener angewiesen oder haben Zweit- und Drittjobs, aber es bleibt überlegenswert, wie unsere Gesellschaft den Weg für die nachfolgende Generation individuell gestalten will. Meinetwegen gern die 10% mehr. Vielleicht lässt sich ja durch weitere notwendige Entlassungen im Ministerium von Frau von der Leyen etwas bewegen.

  3. mein sohn wurde 1964 geboren, wie habe ich ihn bloß großgebracht, als geschiedene arbeitende mutter.
    (sohn war 8 jahre) fast kein kindergeld, väter konnten sich noch vor unterhalt drücken, vom staat gab es nichts, nicht einmal platz im schulhort, s.1964 geburtenstarke jahrgänge. keine kinder-krankheitstage-zuschuß und dann diesen geringen arbeitslohn. man halbierte halt die arbeitszeit mit halben urlaubstagen (urlaub konnte man sich nicht leisten) und hatte im notfall noch großeltern, die gibt es ja nicht mehr. und jetzt lückenbüßer, nachdem jahrelang kein kontakt mit den enkeln bestand, etwas stolz müßen wir auch haben (leider auf dem rücken der kinder). der staat müßte KITA + HORT ALLEN kostenlos anbieten, dann hätten vielleicht die gestreßten eltern mehr zeit. (s.depressionen der kinder)

  4. wer kennt noch den begriff “schlüsselkinder”?? da könnte man viele geschichten erzählen.
    diese kinder mußten schon früh verantwortung übernehmen, oft noch für kleinere geschwister.
    denn der staat hatte noch nicht die spendierhose an. und aus den kindern ist etwas geworden.
    gut wir haben eine andere zeit, aber wir denken, nicht immer nach den leistungen des staates rufen, würde vielen gut tun. alle sozialen berufe (betreuung für junge wie alte) sind unterbezahlt. nur die alten können sich nicht mehr wehren, ihr jungen eltern könnt noch lösungen finden. mehr miteinander.

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