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Viele Verletzungen beim Altherren-Fußball

Sport hält fit und gesund, aber wer sich bewegt, hat bei einigen Sportarten ein höheres Verletzungsrisiko als Bewegungsmuffel. Das gilt auch für Altherren-Fußballer. Sie tragen im Vergleich zur inaktiven gleichaltrigen Bevölkerung ein höheres Verletzungsrisiko. Die Altherren-Spieler verletzen sich etwa so häufig wie Profis.
Sport ist nicht immer nur gesund, und insbesondere der Fußball hat für Ältere seine Tücken. Foto: epd
Sport ist nicht immer nur gesund, und insbesondere der Fußball hat für Ältere
seine Tücken. Foto: epd

Sport hält fit und gesund, aber wer sich bewegt, hat bei einigen Sportarten ein höheres Verletzungsrisiko als Bewegungsmuffel. Das gilt auch für Altherren-Fußballer. Sie tragen im Vergleich zur inaktiven gleichaltrigen Bevölkerung ein höheres Verletzungsrisiko. Die Altherren-Spieler verletzen sich etwa so häufig wie Profis.

Dass übertriebener Ehrgeiz beim Sport für manche der rund 1,8 Millionen Männer über 32 Jahre, die in Deutschland unter dem Dach des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) gemeldet sind, nicht nur gesund sein kann, vermuten auch Sportmediziner, wenngleich die heilsamen Auswirkungen körperlicher Bewegung im Allgemeinen und Fußballsport im Speziellen natürlich niemand mehr leugnen wird. Aber wie ist es um die körperliche Fitness speziell von Altherren-Fußballern (AH) tatsächlich bestellt?

Dieser Frage ist bisher noch keine wissenschaftliche Arbeit nachgegangen. Ein Forscherteam um Tim Meyer, Professor für Sport- und Präventivmedizin an der Universität des Saarlandes und Mannschaftsarzt der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, hat sich den AH- beziehungsweise Ü-Bereich (Fußballer über einem gewissen Alter) nun in drei Studien genauer angeschaut. Zwei davon sind nun abgeschlossen.

„In einem ersten Schritt haben wir uns den durchschnittlichen deutschen AH-Fußballer einmal genauer angeschaut, was seine Gesundheit und seine normale Beanspruchung in Spiel und Training angeht“, erläutert Tim Meyer die erste Studie. Dabei haben die Sportmediziner festgestellt, dass die älteren Fußballer (Durchschnittsalter 47 Jahre, 100 Teilnehmer) in den Spielen erstaunlich nah an die Leistungsgrenzen ihres Herz-Kreislauf-Systems gehen. Die Herzfrequenz war im Spiel oft bei fast 100 Prozent der maximalen Frequenz, die in einem fundierten sportmedizinischen Test im Vorfeld ermittelt wurde.

„Die Leute waren einerseits also extrem motiviert im Spiel, aber auch hoch beansprucht“, konstatiert Tim Meyer. „Das muss nicht schlimm sein. Aber wenn diese Belastung zum Beispiel mit einer unentdeckten Herzschädigung zusammenkommt, kann das schlimm enden“, so der Mediziner weiter. Gerade ältere Männer sind eine Risikogruppe für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die in sehr seltenen Fällen auch zum plötzlichen Herztod führen können. „Daher empfehlen wir für die Ü-Fußballer regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen.“

In einer zweiten Studie haben die Sportmediziner genau untersucht, wie hoch das Verletzungsrisiko der Ü-Fußballer ist. Dafür haben die Wissenschaftler 265 saarländische Spieler über 7000 Spiel- und Trainingsstunden lang überwacht. Das Durchschnittsalter lag bei etwas über 44 Jahren. Mit 12,4 Verletzungen pro 1000 Fußballstunden lagen sie im Bereich von Profispielern. Dabei sollte man eigentlich annehmen, dass wegen der niedrigeren Dynamik im Spiel der Amateure weniger Verletzungen auftreten.

Vermutlich wird der Effekt aber vermindert, weil Muskeln, Bänder und Sehnen mit fortschreitendem Lebensalter an Widerstandsfähigkeit einbüßen und die Spieler weniger fit sind als die Profis. Die Forscher aus dem Saarland fanden außerdem heraus, dass im absoluten Amateurbereich offenbar vorbeugende Maßnahmen zu Beginn des Trainings keinen Effekt haben, die sich an anderer Stelle als effektiv erwiesen haben.

Denn, so Tim Meyer: „Die Wirklichkeit sieht häufig so aus: Einmal pro Woche treffen sich die Ü-Fußballer zum Training, beginnen meist direkt mit einem Übungsspiel, ohne sich vorher aufzuwärmen, und spielen gelegentlich einmal am Wochenende.“ Präventionsprogramme mit Dehnungs- und Kräftigungsübungen, die das Verletzungsrisiko nachweislich senken, wie zum Beispiel das „11+“-Programm der Fifa, wirken aber wahrscheinlich erst bei zwei oder drei Trainingseinheiten pro Woche.

„Eine solche Häufigkeit widerspricht zumindest der Trainingswirklichkeit im Ü-Fußball hierzulande“, schlussfolgert der Sportmediziner. Die meisten Hobbykicker im fortgeschrittenen Alter haben überhaupt keine Zeit, um dreimal die Woche zu trainieren. Die Verletzungsstudie ist also ein deutlicher Hinweis darauf, dass es sinnvoll ist, Präventionsprogramme speziell für diese Sportlergruppe zu entwickeln und so deren Verletzungsrisiko zu senken.

Dabei sollten die Trainer Wert auf motivierende Übungen legen und beispielsweise von Beginn an den Ball einbeziehen. Ansonsten kann die Bereitschaft der Spieler, an den Präventionsprogrammen teilzunehmen, schnell sinken. Denn letztlich sei der Ü-Fußball „eine ganz tolle und förderungswürdige Aktivität. Nur sollten wir schauen, dass die medizinischen Risiken minimiert werden, damit alle Spieler die Vorteile des Sporttreibens vollständig erfahren können“, so Meyer.

Wer nun übrigens denkt, dass er dem Risiko aus dem Weg gehen könnte, indem er künftig den Torwart gibt, könnte sich verrechnet haben. Zwar dürfte die Belastung fürs Herz-Kreislauf-System bei Torhütern tatsächlich geringer sein als bei Feldspielern. Dafür sind sie mit 16,0 Verletzungen pro 1000 Stunden aber vor Stürmern (15,9 Verletzungen), Abwehrspielern (11,5 Verletzungen) und Mittelfeldspielern (11,2 Verletzungen) am anfälligsten.

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