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Exil in Shanghai und München

vignette Hello All, vom 7. — 9.-September 1996, trafen sich im MGM Grand Las Vegas Hotel 1100 betagte „Old China Hands“ (China – Veteranen). Ehemalige Deutsche, Österreicher, Polen und Ungarn jüdischen Glaubens, die Ende der dreißiger Jahre in Shanghai Zuflucht vor dem rassistischen Wüten der Nazis und ihrer Kollaborateure in Europa gefunden hatten. Las Vegas wurde zum nostalgischen Treffen in alle Welt zerstreuter Senioren, von denen sich viele nach 55 Jahren zum ersten und zum letzten Male wieder sahen. Teil jener 17.000 meist deutschsprachigen Flüchtlinge, die die ostchinesische Hafenstadt zwischen 1937-1941 ohne Visa oder sonstige Aufenthaltstitel aufgenommen hatte. Ausgerechnet Shanghai. In Ost-China, 9000 beschwerliche Eisenbahn-Kilometer entfernt, war das lebensrettende Ziel. Nach der Annexion Österreichs durch das Dritte Reich hatten die USA im Juli 1938 Regierungsdelegationen aus 32 Ländern nach Frankreich zur „Évian- Konferenz“ geladen, um über Asyl für damals 500.000 ausreisewillige deutsche und Millionen osteuropäischer Juden zu beraten. Mit beschämenden Ergebnissen und den bekannten mörderischen Folgen. Die USA selbst begrenzte ihre Einwanderungsquote auf 27.400 Flüchtende; die Dominikanische Republik offerierte – mit Hintergedanken – 100.000 Juden die Einwanderung (600 gingen dann tatsächlich dorthin) ; England schottete sich und seine Kolonien gegen die Fliehenden ab, ähnlich wie die anderen Konferenzteilnehmer aus Europa. Man sei ja kein Einwanderungsland; man habe die Folgen der Weltwirtschaftskrise noch nicht im Griff; anders Gläubige würden sich nicht so ohne weiteres in die Gesellschaften integrieren lassen…. So geschehen 1938.
Kommt Ihnen da manches irgendwie aktuell vor? Mit dem wesentlichen Unterschied, dass Deutschland im Jahre 2015 die Hoffnung von Vertriebenen ist, nicht mehr die Ursache der Verzweiflung. Jedoch wiederholt sich leider das Gebaren mancher europäischer Regierungen. Mich empört das umso mehr, weil die jüngere Geschichte jedem politisch Verantwortlichen bekannt sein muss; ja, eigentlich jedem Bürger.
Happy End!
Die Geschichte jener 17.000 nach Shanghai Geflüchteten nahm für sie und ihre späteren Zielländer zumeist ein gutes Ende: Nach der Internierung durch die Japanischen Besatzer 1941 und der Eroberung Shanghais durch Maos anrückende Truppen, zogen die meisten jener Shanghai-Exilanten 1945 erneut aus. Die Mehrheit nach USA, Kanada, Australien und Südamerika, wo sie oft erfolgreiche Karrieren starteten und den neuen Heimatstaaten wertvolle Bürger wurden. Manche jener 1100 Las Vegas – Gäste haben ihre Biographien zu Papier gebracht; lesenswerte Berichte* darüber, was Toleranz und Mut bewirken können und welch‘ großes Potential Vertriebene für die Gastländer bieten. Bitte weitersagen,
Ihr Global Oldie

*u.a. Horst Eisfelder „Exil in China: Meine Jahre in Shanghai und Nanking“, 2009; Vivian Kaplan „Von Wien nach Shanghai: Die Flucht einer jüdischen Familie „ 2006; James Ross „Juden in Shanghai“ 2008;

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