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Uncle Frank’s 1 Minute Lektion in Vertrauen

vignette Hello All, 1956, mit knapp sieben Jahren, erhielt ich meine “One Minute” Schwimmlektion. Nicht mit Schwimmflügeln sondern mit Urvertrauen. Von „Uncle Frank“ aus Hampstead, England. Er war eigentlich Schwager meiner Großmutter. In meiner Erinnerung ein knorriger Hüne um die Sechzig, der kaum Deutsch sprach und nur ein paar Mal zu Besuch nach Deutschland kam. Aber sein Lachen und gute Laune übersprang locker unsere Sprachlosigkeit. Ich durfte mich an seinen mächtigen Oberarm hängen und daran Klimmzüge üben. Uncle Frank grinste. Dann wirbelte er mich hoch über seinen Kopf und fing mich jedes Mal knapp über dem Boden auf – fantastisch aufregend. Wir standen auf einem Bootssteg am Wörthsee; die Sonne schien heiß. Im nu hatte Uncle Frank Sandalen und Hemd auf den Steg geschleudert, nahm polternd Anlauf, brüllte „O-O-Oray!“ „ und hechtete samt langer Ausgehhose ins Wasser. Einfach so. Tauchte unter, verschwand für lange Zeit unter Wasser, zog eine Spur aus Luftblasen durchs Wasser; tauchte auf der anderen Seite des Bootsstegs auf. Triefend nasser Bart, glänzend silberne Haare, breites Grinsen; Neptun höchstpersönlich.
Dann winkte er mir zu. „Come in, boy!“. Ich schaute zu meiner Großtante auf. „Du sollst hinterher springen“. „Ich kann nicht Schwimmen.“ „Rubbish; everybody can swimm/ Blödsinn, jeder kann schwimmen“ donnerte es aus dem Wasser unter mir. Ich schüttelte den Kopf, halb peinlich ertappt, halb ängstlich. Uncle Frank wuchtete sich aus dem Wasser. „No problem; you’ll become a swimmer in less than a minute / in weniger als einer Minute wirst du zum Schwimmer“. Wieder hob er mich hoch über seinen Kopf und lachte. Er hielt mich dort oben, als wäre ich sein federleichter Sonnenschutz. „Vertraust du mir“? ließ er fragen. Wem auf aller Welt hätte ich mehr vertraut als jenem Brocken aus Zuversicht, Freundlichkeit und Kraft? Er setzte mich ab, ließ mich aus meiner kurzen Lederhose und Schuhe schälen. „Du sollst jetzt fünf Mal ganz tief Luft holen und dann anhalten. Uncle Frank wird dich ins Wasser werfen. Er springt hinterher. Du wirst eintauchen und die Luft halten; dann paddelst du mit Beinen und Armen, bis du wieder an der Oberfläche bist. Du hältst die Luft, bis er dir ein Zeichen gibt zum Ausatmen und schnell Einatmen. Du wirst wieder etwas absacken, aber weniger und wieder auftauchen; dann machst du es wie zuvor. Funktioniert immer. Fertig?“ Schon wieder drehte er mich über seinen Kopf und zählte auf seine Art deutsch bis fünf. „O-O-Oray“! Der Aufprall auf dem Wasser war hart. Ich tauchte ab ins Dunkle; Lufthalten, Strampeln, es wurde heller, Sonnenlicht. Neptun schwamm direkt neben mir, nickte, schnob durch die Nase, machte seinen Mund weit zum Luftholen auf und ließ sich etwas absacken. Ich ahmte ihm nach, sank ab, paddelte und stieg wieder auf. Es ging gar nicht anders. Bald pendelte ich im Rhythmus auf und ab; neben ihm, dem Unsinkbaren. Ich schwamm, alleine. Nur getragen von der Luft in meinen Lungen. Und vom Vertrauen in diesen großartigen alten Uncle Frank.
Nach jenem Sommer habe ich Uncle Frank nie wieder gesehen. Doch Schwimmen und Wasser ist seitdem mein Lieblingselexier. „O-O-Oray“!
Getreue Leser, ich wünsche Ihnen einen kraftvollen Start ins neue Jahr und immer Vertrauen in Ihren inneren Auftrieb! Funktioniert auch außerhalb vom Wasser.
Ihr Global Oldie

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