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Arzneimittel-Test sollen leichter durchführbar werden

Medikamenten-Tests an Menschen unterliegen in Deutschland strengen Vorschriften. Das ist gut so. Die Hürden für solche Tests will die Bundesregierung jetzt aber mit einem Gesetzentwurf lockern, der im Juni in den Bundestag eingebracht werden soll.
Hermann Groehe bei der Synodentagung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Dresden. Foto epd
Hermann Groehe bei der Synodentagung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Dresden. Foto epd

Das Kabinett hat den Gesetzentwurf mit dem Namen „4. Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften“ bereits verabschiedet, nachdem Medikamententests an Demenzkranken und geistig Behinderten vorgenommen werden darf, damit es dann im Juni im Bundesrat beschlossen, und im August 2016 in Kraft treten kann. Danach befragt antwortete Hermann Gröhe CDU), seines Zeichens Gesundheitsminister, es handle sich hierbei „nur“ um eine Anpassung an europäisches Recht.

Neben dem Verweis auf europäisches Recht sieht Hermann Gröhe den Spitzenplatz der deutschen Forschung bei klinischen Prüfungen in Gefahr, sagte er dem Tagesspiegel. Nur wenn weiter Medikamente auch an Menschen erprobt werden könnten, gebe es einen schnellen und sicheren Zugang zu neuen Arzneimitteln“. Gröhe betonte dabei, dass die Sicherheit der Medizinprobanden genauso wichtig sei, wie funktionierende Genehmigungsverfahren.

Deutschland liegt bei Medikamentenversuchen mit Menschen weltweit sehr weit vorne und baut auf solche. Nach dem neuen Gesetz wären Arzneitests an Nicht-Einwilligungsfähigen zulässig, wenn diese ihr grundsätzliches Einverständnis noch vor Ausbruch der Demenz gegeben hätten. Dies sollten diese mit ihrer Patientenverfügung dokumentieren. Schreitet die Krankheit fort und ist der Betroffene dazu nicht mehr in der Lage, könnte die Zustimmung vom Betreuer kommen, der sich auf die Patientenverfügung berufen kann. Dies war bislang auch möglich, wenn der betroffene Patient einen Nutzen darauf erwarten konnte. Der Gesetzentwurf Gröhes präferiert aber eine so genannte Gruppennützigkeit“.

Einwände gegen diesen Gesetzentwurf:

  • der Gedanke der Gruppennützigkeit birgt die Gefahr in sich, dass er auch auf andere Gruppen als die Genannten ausgedehnt wird und so der ursprüngliche Gedanke ad absurdum geführt wird (EKD und Kath. Bischofskonferenz), weil er den getesteten Personen gar nicht hilft.
  • Aus der Begründung lasse sich der Bedarf für die deutsche Forschung nicht ableiten.
  • Daraus folgt, dass die Arzneimittel-Tests nicht einwilligungsfähige Menschen zum reinen Zweckobjekt der Forschung degradieren. Das widerspreche der Menschenwürde (Ethik-Kommission, Berlin).
  • Die allgemeine Zustimmung zu den Tests in einer Patientenverfügung reiche nicht aus, da es bei Tests zu speziellen Gefährdungen kommen könne, die der demenzielle oder geistig Behinderte dann in seiner Lage nicht mehr überblicken könne (Lebenshilfe).
  • Derzeit müssen die unabhängig Ethik-Kommission bei Tests mit Arzneimitteln zustimmen. In Gröhes Gesetzentwurf sind diese nicht mehr zwingend zustimmungspflichtig (Bundesärzte-Kammer). Damit würden internationale Schutzstandards unterschritten. Dies sieht der Bundesrat ähnlich.
  • Die EU-Verordnung, auf die sich Gröhe beziehe sehe weder gruppennützige Forschung an Nicht-Einwilligungsfähigen vor, noch werden dort die Rechte der unabhängigen Ethik-Kommissionen eingeschränkt (Linke).

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