Anzeige
Daniel Bahr, ehemaliger Bundesgesundheitsminister. Foto: Michael Matejka
Daniel Bahr, ehemaliger Bundesgesundheitsminister. Foto: Michael Matejka

Das erste, was an Daniel Bahr auffällt, ist seine Jugendlichkeit. Dabei hat der ehemalige Politiker, dessen Name eine staatliche geförderte private Pflegeversicherung trägt, mit seinen 39 Jahren bereits eine beachtliche Karriere vorzuweisen. Auf einer Veranstaltung des Magazins sechs+sechzig in Kooperation mit der Allianz im Caritas-Pirckheimer-Haus erklärte Bahr, warum es sich lohnt, selbst für den Pflegefall vorzusorgen.

Um es vorweg zu nehmen: Daniel Bahr steht voll und ganz hinter der Einführung der zusätzlichen privaten Säule zur Vorsorge bei Pflegebedürftigkeit im Alter. Eine staatliche Vollkasko-Versicherung sei nie geplant gewesen. Allerdings räumte er ein, dass sich das gesamtgesellschaftliche Engagement in diesem Punkt noch deutlich steigern könnte, auch die Höhe der staatlichen Förderung. Bisher klafft bekanntlich eine erhebliche Lücke zwischen der gesetzlich vorgeschriebenen Leistung aus der Pflegeversicherung und den tatsächlichen Kosten. Die drei Pflegestufen plus der Pflegestufe Null decken häufig weniger als die Hälfte ab. Je höher der Grad der Pflegebedürftigkeit, umso größer ist der Betrag, den der Betroffene oder seine Familie hinzuzahlen muss. Bei Pflegestufe 1 sind es derzeit 459 Euro, die im Monat bei einer guten Versorgung fehlen. Bei der Pflegestufe 3 beträgt die Summe 1768 Euro.

Daran wird sich wohl auch nichts ändern, wenn die neue Struktur der Pflegeversicherung mit ihren fünf Pflegegraden am 1. Januar 2017 die alte Regelung ablöst. Dann wird das Begutachtungsverfahren den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff für die Beurteilung des altersschwachen Menschen heranziehen. Von diesem System werden Demenzkranke profitieren, glaubt Bahr. Aber ein Teil der Pflegebedürftigen werde künftig auch weniger Leistungen erhalten als nach dem alten System. Es werde auf jeden Fall Bestandsschutz für alle bis Ende 2016 pflegebedürftigen Leistungsempfänger geben.

Konkrete Vorgaben fehlen

Wie die Umsetzung im Einzelnen aussieht, muss abgewartet werden. Noch fehlen konkrete Vorgaben für die Neuregelung. Klar ist jedoch, dass die Abrechnung nach Minuten entfällt. Zudem soll es Schiedsstellen geben, wenn Betroffene mit der Beurteilung durch den Medizinischen Dienst nicht einverstanden sind. Bahr kritisierte in diesem Zusammenhang, dass es anders als bei Pflegediensten keine Wahlmöglichkeit gibt, von welchem Medizinischen Dienst man die Begutachtung anfordert.

Alte Menschen werden meist zunächst von ihren Angehörigen betreut, wenn sie nicht mehr alleine zurechtkommen. Was man für die Versorgung benötigt, wird aus der eigenen Tasche bezahlt. Doch bei steigendem Pflegebedarf sind die persönlichen Mittel schnell aufgebraucht. Das Gesparte reicht nicht nur wegen der niedrigen Zinsen nicht so weit wie einst gedacht. Durch zusätzliche Steuern und Abgaben sowie geringere Renditen schmilzt bei vielen der Auszahlungsbetrag aus der Lebensversicherung. Deshalb raten Versicherungsexperten, eine zusätzliche Pflegeabsicherung in jüngeren Jahren zu beginnen, wenn die Beträge noch niedrig sind.

Im Ernstfall hat der sogenannte Pflege-Bahr auch seine Beschränkungen. Die Versicherung wurde erst 2013 eingeführt. Ihr Pluspunkt: Eine vorherige Gesundheitsprüfung ist nicht notwendig. Damit können Menschen mit Vorerkrankungen oder im höheren Alter eine solche Zusatzversicherung abschließen. Der negative Aspekt: Es ist eine fünfjährige Wartezeit vorgesehen, bevor zum ersten Mal im Pflegefall Geld fließt. So wird sich erst 2018 zeigen, ob der Pflege-Bahr hält, was sich Bürger und Politiker davon versprechen.

Bei einer anderen staatlich geförderten Altersvorsorge, der Riester-Rente, ist das Leistungsvolumen ebenso stark in die Kritik geraten wie andere Sozialleistungen, die den Namen eines Ministers tragen. Gerne erzählt Daniel Bahr die Anekdote, dass er Peter Hartz am Flughafen getroffen hat. Dieser hätte ihn gewarnt, eine Pflegereform mit dem eigenen Namen zu verbinden. Das hätte Bahr gar nicht vorgehabt, lässt Bahr durchblicken. Die Medien haben der Reform den Namen gegeben. Seitdem ist er als Markenzeichen im Umlauf. Der Namensgeber kann mit dieser Entwicklung gut leben. Der Vater von zwei Kindern hat selber eine solche Police ausgefüllt.

Den Ex-Gesundheitsminister treibt ein anderes Problem um: Die Befürchtung, dass es bald nicht genügend Pflegekräfte geben wird, um all die Bedürftigen zu versorgen. Deswegen plädierte er schon in seiner Amtszeit als Minister dafür, den Pflegeberuf aufzuwerten. Damit verbunden ist eine verbesserte Bezahlung der dort Beschäftigten. Denn es könne nicht sein, dass diejenigen, die für andere in ambulanten Diensten und Pflegeheimen da sind, kein Geld für die eigene Absicherung im Alter haben.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Skip to content