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Was medizinisch sinnvoll ist, können Patienten oft nicht beurteilen. Foto: epd-bild / Alexander Stein / J
Was medizinisch sinnvoll ist, können Patienten oft nicht beurteilen. Foto: epd-bild / Alexander Stein / J

Vielen Patientinnen und Patienten werden bereits bei der Anmeldung in der Arztpraxis durch medizinische Fachangestellte zusätzliche Leistungen angeboten, die sie aus eigener Tasche bezahlen sollen. Eine Aufklärung über den gesundheitlichen Nutzen findet kaum oder gar nicht statt. In vielen Fällen erfolgt die Behandlung ohne Vertrag und ohne Rechnung. Patienten fühlen sich oft bedrängt und reagieren häufig verunsichert auf Angebote rund um Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL). Deshalb fordern die Verbrauchenzentralen jetzt eine unabhängige IGeL-Schlichtungsstelle.

Solche Eindrücke geben mehr als 1.800 Einträge im Online-Portal www.igel-ärger.de der Verbraucherzentrale NRW, Berlin und Rheinland-Pfalz wieder. Beschwerden von Patienten bei Ärztekammern und Kassenärztlichen Vereinigungen über ihren jeweiligen IGeL-Ärger führen in der Regel nicht zu einer für sie zufriedenstellenden Lösung. Einen Weg aus diesem Dilemma sieht die Verbraucherzentrale NRW neben einem Katalog an Einzelmaßnahmen, der auf mehr Transparenz und Regulierung des IGeL-Marktes zielt, in der Einrichtung einer unabhängigen Schlichtungsstelle.

„Die Beschwerden im IGeL-Forum zeigen anschaulich auf, dass die Behauptung von Ärzten, Patienten mit Hilfe von Individuellen Gesundheitsleistungen Zugang zu neuen und besseren Therapieangeboten zu verschaffen, in deren Praxen nicht zum Wohl und Nutzen der Patienten umgesetzt wird“, kritisiert Wolfgang Schuldzinski, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW. „Deshalb brauchen Patienten eine leicht zugängliche Schlichtungsstelle mit unvoreingenommenen Schlichtern, an die sie sich vertrauensvoll wenden können und die paritätisch mit Ärzte- und Patientenvertretern besetzt ist.“

Rasche Abhilfe ist dringend gefordert: Derzeit existiert keine unabhängige und für Patienten leicht erreichbare Schlichtungsstelle, die sich um Meinungsverschiedenheiten bei Individuellen Gesundheitsleistungen kümmert. Patientenbeschwerden und den Umgang mit Verstößen regeln Ärzte in ihren Standesvertretungen unter sich. Ob zum Beispiel die Höhe einer privatärztlichen Honorarforderung angemessen ist, regelt die Ärztekammer. Verstöße gegen das spezielle Recht der Kassenärzte fallen in die Zuständigkeit der Kassenärztlichen Vereinigung. Dazu gehört etwa die Einleitung disziplinarischer Maßnahmen bei Verweigerung von Kassenleistungen.

Patienten haben weder Zugang noch Einblick in die von ihnen aufgeworfenen Verfahren. „Um im Konfliktfall nicht ins Leere zu laufen, brauchen Patientinnen und Patienten eine leicht zugängliche Instanz, bei der die Kompetenzen und Zuständigkeiten von Ärztekammer und Kassenärztlicher Vereinigung mit Beteiligung von Patientenvertretern in jedem Versorgungsgebiet verbindlich geregelt sind“, erklärt NRW-Verbraucherzentralenchef Schuldzinski. Die Aufsicht über diese Schiedsstelle obläge hierbei dem jeweils zuständigen Landesministerium. Details zur Ausgestaltung müssten per Verfahrensordnung für jedes Bundesland geregelt werden.

Die Verbraucherzentrale NRW sieht zur Verbesserung der Angebote und des Umgangs mit IGeL für Patienten auch bei anderen zentralen Punkten einen dringenden rechtlichen Regelbedarf. So fordert sie unter anderem ein:
• Verbot von sogenannten IGeL-Verzichtsformularen, mit denen Ärzte Patienten bisweilen verpflichten, ihr „Nein“ zu einem medizinischen Extra schriftlich zu bestätigen,
• Recht für gesetzliche Krankenversicherte auf einen schriftlichen Behandlungsvertrag vor Inanspruchnahme privatärztlicher Leistungen,
• Verbot von Vorauszahlungen vor Erbringung privatärztlicher Leistungen.

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