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Hilfe, die Smombies kommen!

Die Allgegenwart des Smartphones kann manchmal ganz schön nerven. Unserer Kolumnistin Brigitte Lemberger jedenfalls geht's langsam zu weit!

Die Allgegenwart des Smartphones kann manchmal ganz schön nerven. Unserer Kolumnistin Brigitte Lemberger jedenfalls geht’s langsam zu weit!

Cartoon: Sebastian Haug
Cartoon: Sebastian Haug
Wie war’s? Hat’s wieder geschmeckt?« – Ein- bis zweimal im Monat geht meine Freundin Selma allein fein aus und beschreibt mir anschließend haarklein, was sie Edles verspeist hat. Dieses Mal klingt sie wenig enthusiastisch: »Das Essen war okay, aber das Drumrum war scheußlich – ich war froh, als ich weg war!« Am Nebentisch hätten vier alte Damen vor üppig beladenen Tellern gesessen und zwischen den einzelnen Bissen geplaudert. Die Wortführerin hatte offenbar gerade eine Darmspiegelung hinter sich gebracht. Sie gab mit unüberhörbarer Stimme eine anschauliche Schilderung des Vorgangs zum Besten. Offenbar war das ein anregendes Thema für das Quartett, das man gern weiter diskutierte. »Ich konnte einfach nicht weghören, denn im Restaurant war es sonst sehr ruhig. Mehrere Paare saßen sich gegenüber, einige hatten ein Handy vor sich liegen und tippten und wischten darauf herum. Das macht natürlich keine Geräusche.«

»Typisch Smombies!« werfe ich ein und glänze mit meinem jüngst erworbenen Wissen. Der Begriff »Smombies«, erkläre ich, ist vom Langenscheidt-Verlag zum Jugendwort des Jahres 2015 ernannt worden. Er setzt sich zusammen aus Smartphone und Zombies und bezeichnet Leute, die unentwegt auf ihr Smartphone starren und wie Zombies durch die Gegend geistern. Und schon gerät Selma wieder in Rage: »Genau! Und auf diese Zeitgenossen müssen wir natürlich Rücksicht nehmen. Hast du das gelesen: Jetzt gibt es sogar Bodenampeln, damit die Handy-Nutzer beim Überqueren der Straße nicht den Kopf heben müssen!« – Ja, habe ich. In Köln und Augsburg hat man in vorsorglicher Fürsorge für die meist jungen »User« Bodenampeln eingerichtet, damit sie nicht versehentlich in ein Auto oder eine Straßenbahn rennen. Denn rote Ampeln in gewohnter Höhe werden von Smartphone-Nutzern angeblich viermal so häufig missachtet wie von normalen Fußgängern. Vor solchem möglichen Unheil muss man die »Generation Gesenktes Haupt« natürlich bewahren!

»Was ist mit Kinderwagen, Bauzäunen, abgestellten Fahrrädern oder etwa Mitmenschen?«, fragt Selma sarkastisch. »Sollte man diese hilflosen Handy-Personen nicht auch vor solchen Hindernissen rechtzeitig warnen?«

Also, wie ich aus dem Internet weiß, hat man das 2015 schon mal irgendwo probiert, und zwar mit einer App, die Warnhinweise von Gefahrenstellen an registrierte Handys senden. »Keine Ahnung, wie weit das Projekt gediehen ist«, muss ich zugeben.

»Hast du schon von Duygu Gezen gehört«, wechsle ich das Thema. Eine aparte junge Frau, die vor einiger Zeit in einer Talk-Show zu erleben war und sich als erste Social-Media-Volontärin der ARD vorstellte. Sie sei Tag und Nacht online, gab sie auf Nachfrage an. Ja, sie gehe mit eingeschaltetem Smartphone und iPhone schlafen– sie möchte auch nachts keine wichtige Botschaft verpassen. »Das stelle ich mir interessant vor«, giftet Selma. »Stell dir vor, ihr Freund ist von derselben Sorte, dann liegen sie mit vier von diesen Dingern in den Federn und passen höllisch auf, dass nichts auf der Welt ohne ihr Wissen passiert.«

Mein Fall wäre das nicht. Ich gehe mit meiner Katze ins Bett. Sie liegt neben mir auf dem Kopfkissen und schnurrt, weitere Mitteilungen hat sie nicht zu machen. – »Auch nicht jedermanns Sache«, meint meine in dieser Hinsicht äußerst zimperliche Freundin. »Brrrr – ein Tier im Bett! Dann doch lieber ein Handy, das haart jedenfalls nicht.« Das mag ja stimmen. In dieser Hinsicht bin ich aber komplett beratungsresistent!

Brigitte Lemberger

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