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Schnellere Hilfe für psychisch erkrankte Menschen

Ab dem 1. April tritt die Neuregelung der ambulanten Psychotherapie in Kraft. Psychisch erkrankte Menschen erhalten künftig schneller und gezielt therapeutische Unterstützung. Doch wie finden Menschen hierzulande psychotherapeutische Unterstützung? Bisher eher zufällig, nur wenige Patienten werden von ihrem Hausarzt gezielt zu Therapeuten überwiesen, meint die Techniker Krankenkasse (TK).
Eine Frau sucht im Internet psychologische Hilfe. Foto: epd/Norbert Neetz

Ab dem 1. April tritt die Neuregelung der ambulanten Psychotherapie in Kraft. Psychisch erkrankte Menschen erhalten künftig schneller und gezielt therapeutische Unterstützung. Doch wie finden Menschen hierzulande psychotherapeutische Unterstützung? Bisher eher zufällig, nur wenige Patienten werden von ihrem Hausarzt gezielt zu Therapeuten überwiesen, meint die Techniker Krankenkasse (TK).

Ob Patienten verhaltenstherapeutisch, tiefenpsychologisch oder psychoanalytisch therapiert werden, hängt laut der TK weniger von der Diagnose als vom Schwerpunkt der Therapeuten und freien Plätzen ab. So kommt es zu regional sehr unterschiedlichen Verteilungen.

Am 1. April starten umfangreiche Neuregelungen in der ambulanten Psychotherapie, die dazu beitragen sollen, dass Patienten schneller die richtige Unterstützung bekommen. Birgit Schulmeier, bei der TK Expertin für die ambulante psychotherapeutische Versorgung: „Durch die neue Richtlinie bekommen die Patienten schneller Hilfe und die richtige Unterstützung. Insbesondere die neu eingerichteten psychotherapeutischen Sprechstunden ermöglichen Patienten einen zeitnahen Zugang zur psychotherapeutischen Versorgung und helfen, den individuellen Bedarf zu ermitteln.”

Die wichtigsten Neuerungen im Überblick:

1. Telefonische Erreichbarkeit der Therapeuten

Die Therapeuten sind künftig zu festen Zeiten telefonisch erreichbar. Informationen dazu gibt es bei den Kassenärztlichen Vereinigungen. Der Kontakt zum Therapeuten und die Terminvergabe werden damit deutlich verbessert.

2. Terminservicestelle

Über die Terminservicestellen können die Patienten künftig freie Plätze für eine Sprechstunde oder – wenn erforderlich – eine Akutbehandlung erfragen. Anders als bei anderen Fachrichtungen brauchen sie keine Überweisung, um die Terminservicestellen in Anspruch zu nehmen. Sie sollten aber beim Anruf ihre Versichertenkarte bereithalten. Informationen zu ihrer jeweiligen Terminservicestelle erhalten Patienten auf den Webseiten des Bundesgesundheitsministeriums.

3. Sprechstunde

Patienten stehen künftig psychotherapeutische Sprechstunden zur Verfügung, die von ärztlichen oder Psychologischen Psychotherapeuten beziehungsweise Kinder- und Jugendtherapeuten angeboten werden. Sie helfen den Patienten, die richtige Unterstützung zu finden, beraten, ob eine ambulante oder stationäre Behandlung empfehlenswert ist und geben alternative Empfehlungen, zum Beispiel für Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen oder Präventionsmaßnahmen. Die Therapeuten erkennen auch, ob eine Akutbehandlung angezeigt ist.

4. Akutbehandlung

Wird in der psychotherapeutischen Sprechstunde akuter Handlungsbedarf erkannt, können Patienten künftig bis zu zwölf Stunden Akutbehandlung direkt nach der Sprechstunde erhalten. Dabei geht es nicht um eine Therapie, sondern um eine kurzfristige Besserung und darum, Patienten im Krisenfall zu stabilisieren. Vorteil für die Patienten: Sie bekommen schnellere Unterstützung, da die Akutbehandlung bei der Krankenkasse nur angezeigt, aber nicht genehmigt werden muss.

5. Probatorische Sitzung

Probatorische Sitzungen sind Gespräche, in denen Patient und Therapeut abschätzen, ob sie gut zusammenarbeiten können. Für die Therapeuten sind diese – mindestens zwei – Termine auch wichtig, um die Diagnose zu verfeinern und eine erste Prognose für den Verlauf der Therapie vorzunehmen.

6. Antragsschritte für die Therapie vereinheitlicht

Statt verschiedener Antragsschritte je nach Therapieverfahren, gibt es künftig ein einheitliches System. Die Therapeuten sprechen sich je nach Schwere der Krankheit zunächst für eine Kurz- oder Langzeittherapie aus. Die Kurzzeittherapie unterteilt sich künftig in Kurzzeittherapie 1 und 2 mit jeweils zwölf Stunden. Daran kann sich eine Langzeittherapie anschließen. Dies gilt für alle Therapieverfahren (Verhaltenstherapie, tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und Analytische Psychotherapie).

7. Anträge und Gutachten vereinfachen

Bei der psychotherapeutischen Sprechstunde legen die Patienten lediglich ihre Krankenversichertenkarte vor. Ist eine Akutbehandlung erforderlich, informieren die Therapeuten die jeweilige Krankenkasse über den Behandlungsbeginn. Auch hier braucht es keinen Antrag. Nur bei Kurz- und Langzeittherapien stellen Therapeut und Patient wie bisher gemeinsam einen Antrag bei der Krankenkasse. Der erste Antrag für eine Langzeittherapie muss, Verlängerungsanträge können von einem Gutachter bewertet werden.

8. Gruppentherapie fördern

Da die Gruppentherapie bei einigen Krankheitsbildern sehr sinnvoll ist, soll sie durch die neue Richtlinie gefördert werden. Bisher liegt der Anteil von Gruppentherapien bei lediglich 1,5 Prozent. Die Mindestgruppengröße ist auf drei Patienten verkleinert, so dass mehr Patienten geholfen wird und auch in ländlicheren Gebieten schneller gestartet werden kann. Zudem erhalten Therapeuten mehr Handlungsspielraum: Sie können Einzel- und Gruppentherapie kombinieren und zwischen beiden nach Bedarf aufteilen. Im Antrag legen sie nur ein Gesamtstundenkontingent fest sowie den Schwerpunkt auf Einzel- oder Gruppentherapie.

9. Rezidivprophylaxe

Um den Erfolg einer Langzeittherapie nachhaltig zu sichern, gibt es künftig ein Stundenkontingent, das nach Abschluss der Therapie in größeren Abständen in Anspruch genommen werden kann. Diese sogenannte Rezidivprophylaxe umfasst je nach vorheriger Therapiedauer maximal acht bzw. 16 Stunden und kann bis zu zwei Jahre nach Therapieende stattfinden. Bei Kindern und Jugendlichen können es bis zu 20 Stunden sein.

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