Anzeige

Die Launen der Weißen: Gwailo-Mood

Hello All, Hongkongs Senioren sind Meister in scheinbarer Gelassenheit. Lebende Inseln demonstrativer Ruhe und Disziplin, inmitten eines brausenden Meeres an eilenden, dauertelefonierenden und werkelnden Menschen. Besonders junge Hongkonger leben anstrengend, so sie nicht zu den Privilegierten zählen. Dicht an dicht in winzigen Hochhauswohnungen, knappen Büros und auf wuseligen Verkehrsflächen ertragen Hongkonger mit stoischer Gelassenheit laute Nachbarschaft, überteuerten Wohnraum und scharfen Wettbewerb. Um solchen Alltag zu meistern, gehört Selbstbeherrschung  zu den wichtigsten Tugenden; von Kindesbeinen an gelernt, von den Alten zur Perfektion vorgeführt. Bloß nie die Fassung verlieren. Das wäre der Supergau: „Gesichtsverlust“ vor allen anderen. Welch unwürdiger Anblick; welch schräges Licht auf die eigene Kinderstube, Familie, ja Nation. Allgemeine Selbstbeherrschung  ermöglicht das engr Zusammenleben. Und was, wenn ein Mitmensch doch einmal völlig ausrastet, seinem Frust freien Lauf lässt, tobt und sich jenseits jeder akzeptablen Manier daneben benimmt? Dann ist aus Hongkonger Sicht dieser arme Teufel vermutlich Opfer der „Gwailo“- Laune. Heißt, er führt sich auf wie ein Weißer, wie ein Westler. Unbeherrscht emotional, auf sein Recht pochend ohne Respekt für andere, entblößt um jede Eigenwürde. Unsäglich peinlich. Da kann man nur wegsehen, verstohlen lächeln- oder, wenn unumgänglich, dem armen Tropf sein vermeintliches Recht zugestehen, um ihn so schnell wie möglich los zu werden. Damit dieses „Gwailo“- Gehabe nicht noch abfärbt auf andere. Vor allem nicht auf Kinder. Die scheinbar weniger gestressten Alten sind das Vorbild und dürfen sich erst recht nie gehen lassen. Das ist ihre vornehme Mission im Herbst des Lebens: Die Kunst des Gesicht Wahrens den Jüngeren vorleben. Pädagogisches Fachchinesisch.
Ihr Global Oldie

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

weitere Beiträge

Die Rezepte unserer Omas

Skip to content