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Wie viel kostet der Tod?

Im letzten Lebensjahr verursachen Männer im Schnitt mehr Gesundheitskosten als Frauen. Zu sterben ist in der französischen und italienischen Schweiz teurer als in der deutschen Schweiz. Das zeigt eine Analyse von Krankenkassendaten im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms „Lebensende“ (NFP 67).
Das Geschlecht und der Ort entscheiden, wie viel man fürs Sterben zahlen muss. Das fanden Forscher jetzt heraus. Foto: epd/Werner Krüper

Im letzten Lebensjahr verursachen Männer im Schnitt mehr Gesundheitskosten als Frauen. Zu sterben ist in der französischen und italienischen Schweiz teurer als in der deutschen Schweiz. Das zeigt eine Analyse von Krankenkassendaten im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms „Lebensende“ (NFP 67).

Zwischen 2008 und 2010 sind 184 791 Personen in der Schweiz gestorben. Davon waren 113.277 (oder 61,3 Prozent) Erwachsene bei einer von sechs großen Krankenkassen versichert, die ihre – anonymisierten – Daten Forschenden des Instituts für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Bern zur Verfügung stellten. Damit haben die Wissenschaftler im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms „Lebensende“ (NFP 67) die regionale Verteilung der Gesundheitskosten im Jahr vor dem Tod untersucht.

Ihre kürzlich veröffentlichte Analyse zeigt, dass die von den Krankenkassen verrechnete Kosten im letzten Lebensjahr stark ansteigen: auf über 30.000 Franken. Sie machen das Mehrfache der üblichen Gesundheitskosten aus, die je nach Alter auf 3500 bis 6700 Franken pro Jahr geschätzt werden.

Dabei bestimmen individuelle Faktoren – wie etwa die Todesursache, das Alter und das Geschlecht – maßgeblich, wie hoch die Kosten ausfallen. So liegen die letzten 12 Monate von Krebspatientinnen und -patienten (insbesondere Brust-, Lungen- und Prostatakrebskranke) am höchsten bei den von den Krankenkassen verrechneten Kosten. Für Unfalltote oder die Opfer von Herzversagen hingegen müssen die Krankenkassen am Lebensende weniger bezahlen.

Im Vergleich mit Männern sterben Frauen später und kostengünstiger. Ob die geringeren Kosten damit zu tun haben, dass die meisten Frauen verwitwet sterben und die Medizin vielleicht weniger um ihr Leben kämpft als einige Jahre zuvor noch um das Leben ihrer Männer, können die Daten nicht belegen. „Unsere Resultate weisen lediglich auf Unterschiede hin. Darüber, wie diese Unterschiede zustande kommen, kann nur spekuliert werden“, sagt Radoslaw Panczak, der Erstautor der Studie.

In statistischen Modellen haben Panczak und seine Kollegen die individuellen Faktoren herauskorrigiert – aber immer noch beträchtliche Unterschiede in der lokalen Verteilung der Gesundheitskosten am Lebensende gefunden: Das Jahr vor dem Tod ist in der französischen und italienischen Schweiz im Schnitt um etwa 20 Prozent teurer als in der deutschen Schweiz.

Als möglichen Grund für diese Unterschiede weisen die Forschenden auf eine Erhebung unter Schweizer Ärzten hin, die zeigt, dass französischsprachige Fachleute Schmerzen eher aggressiv behandelten. Sie waren im Schnitt auch weniger gewillt als ihre deutschsprachigen Kollegen, auf Wunsch der Angehörigen auf therapeutische Maßnahmen zu verzichten.

Einen weiteren Grund für die Kostenunterschiede sehen die Forschenden in der Tatsache, dass in der lateinischen Schweiz mehr Personen im Spital sterben (und weniger daheim oder in Alters- und Pflegeheimen) als in der Deutschschweiz. Wo es mehr ambulant behandelnde Ärzte und Pflegeheime habe, sinke die Wahrscheinlichkeit, im Spital zu sterben, sagt Panczak. Das sehe man zum Beispiel deutlich im Vergleich der Regionen von Yverdon und Neuenburg. Neuenburg hat schon früh starke Spitex-Strukturen (Strukturen für Hilfe und Pflege zuhause) aufgebaut. Das erklärt möglicherweise, wieso die durchschnittlichen Kosten am Lebensende dort nur halb so hoch wie die Kosten in der unmittelbar angrenzenden Region Yverdon sind.

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