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Brooklyn Tabernacle

 Hello All, zu New York gehören Warteschlangen. Schlangen Bildungsbeflissener vor Museen, auf Taxi Wartender an der Central Station, Bestürzter vor dem One World Trade Center, Berufstätiger vor Aufzügen, Hilfesuchender vor karitativen Einrichtungen. Sonntags schlenderten wir durch Brooklyn. Vor einem klassischen Gebäude stemmte sich eine weitere Warteschlange gegen den Wind. Meist Schwarze, von ärmlich bis in Anzug und Kostüm gekleidete, von Teenager bis Alte. Auffällig gut gelaunte Leute. Wir fragten, was ansteht. Gute Musik Mann, Gospel – wo seid ihr her? Kommt mit! Der Menschenstrom sog uns in eine hohe Eingangshalle mit bunten Fresken und ausladenden Treppenflügel. Wir ließen uns in einen weiten Theatersaal mit mehreren Rängen schieben; bogen gleich auf die hinterste Bank  ab, um im Bedarfsfall unauffällig wieder gehen zu können; drängende Enge.  Wo sind wir bloß reingeraten? Lorena, eine Sitznachbarin spürte unsere Unsicherheit. Stellte sich namentlich vor; hieß uns als Gemeindemitglied im Brooklyn Tabernacle willkommen. Welcher Konfession? Ist egal; jeder ist willkommen, einfach mitmachen, ermunterte uns Lorena. Sie war schon den ganzen Vormittag hier; die Stimmung sei so positiv. Auf der Bühne baute sich ein gewaltiger Chor in hellen Roben mit Gesicht zum Publikum auf. Gottesdient mit Gospel, a capella. Als der Chor anstimmte, erhoben sich Tausende von den Bänken und begannen, sich im Rhythmus zu wiegen. Uns unbekannte Melodien, eingängig, vorhersehbar. Der Liedtext strahlte auf zwei Bildschirmen über dem Chor. Unbewusst wiegten wir  uns mit unseren Nachbarn als Teil einer mächtigen Woge im Saal. Sobald der Chor pausierte, schüttelten wir unter Lorenas Führung – zig Hände der Umstehenden, summten und schwankten wieder mit als der Chor erneut loslegte, lachten über eine witzige Blitztaufe Dutzender Kinder auf der Bühne und wieder umschlang uns die Woge im Saal. Uns, die Agnostiker und Hellhäutigen, wortwörtlich umarmt von freundlichen Fremden in ihrem Tabernakel. Brotherhood – Brüderlichkeit; zum Anfassen. Ein Warten in der unbekannten Schlange, das sich gelohnt hat!

Ihr Global Oldie

P.S. Dankbar erlebt im The Brooklyn Tabernacle, 17 Smith Street, Brooklyn. Sonntagmittag. Das Tabernakel besteht aus dem ehemaligenLoew’s Metropolitan Theatre, bietet Platz für 3300 und jenen, wie wir später erfuhren, berühmten Chor, der Barack Obama zu seiner Amtseinführung 2013 musikalisch begleitet hatte.

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