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Sisyphos im Hafen Saikung

  Hello All,  Familie Wu fischt in vierter Generation vom Saikung Hafen an der Ostküste Hongkongs aus. Bis vor zehn Jahren waren Herr Wu und sein Bruder mit dem Sampan auf das südchinesische Meer gefahren. Manchmal gemütlich, bisweilen gefährlich, selten einträglich.  Steigende Kosten für Diesel, Eisblöcke und Gebühren – gegen die großen Trawler und Fischzuchtbetreiber ging nichts mehr. Das bisschen Schmuggeln von “allerlei” nebenher war seit der durchlässigeren Grenze auf dem Landweg ebenfalls unrentabel geworden. Nun fischt der alte Herr Wu, zusammen mit seiner Frau, Müll. Nur innerhalb des sicheren Hafens und entlang der populären Uferpromenade. Ganz legal und zuverlässig entlohnt vom Hafenmeister.  Herr Wu steuert den kleinen Sampan; seine Frau lotst ihn vom stumpfen Bug aus zu den Fanggründen. Mit einem breiten Käscher holt sie Plastikflaschen, Kunststofftüten,  und Styropor aus dem Wasser; schleudert die Beute in große Körbe an Deck.

Doch nicht alles. Eher wählerisch fällt ihr Fang aus, bevor sie weiter tuckern. Herr Wu hatte schon einmal erlebt, wie der Fang spärlicher geworden war, bis sich seine Fischerei nicht mehr gelohnt hatte. Das soll ihm nicht ein zweites Mal passieren.  Meeresverschmutzung und bald mehr Plastik im Pazifik als Fische? Herr Wu wettet kein zweites Mal darauf, dass das Meer unerschöpflich ist. Für wiederholte Fehler sei er zu altersweise. Er braucht den Hafenmüll auch noch Morgen, um die Behörden vom Sinn seines Tuns zu überzeugen. Müll können er und seine Frau fischen, bis sie achtzig werden, was mit Fischfangen nicht möglich wäre.  Herr Wu lässt einige Goldzähne im ausgedünnten Gebiss aufblitzen. Gewußt wie!  Nachhaltiges Müllabfischen.

Nicht nur Sisyphos, sondern auch die alten Wu kann man sich als glückliche Menschen vorstellen.

Ihr Global Oldie

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