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Finde Deinen Freizeit-Partner beim Speed Dating

Einsamkeit ist ein Problem, ein wachsendes. Davon ist die Regierung in Großbritannien überzeugt und hat offiziell eine »Ministerin für Einsamkeit« berufen. Tracey Crouch soll etwas gegen die zunehmende Vereinsamung der Menschen in der Gesellschaft unternehmen. Denn eine 2017 durchgeführte Untersuchung zeigte: Neun Millionen Briten fühlen sich isoliert; 200.000 ältere Menschen gaben an, nur einmal im Monat ein Gespräch mit Freunden oder Verwandten zu führen.
In Deutschland fühlt sich laut einer Studie der Ruhr-Universität in Bochum jeder Fünfte über 85 einsam, bei den 45- bis 65-Jährigen jeder Siebte. Das wissen auch Annika Golz, Samantha Wisnioch und Julia Köckeis – obwohl die drei erst 23 und 24 Jahre alt sind. Also überlegten sich die Studentinnen der Sozialen Arbeit ein eigenes Konzept gegen Einsamkeit: ein Speed-Dating für Senioren: In kurzen Gesprächen gilt es, sein Gegenüber so gut einzuschätzen, dass man entscheiden kann, ob man ihm oder ihr seine Kontaktdaten geben möchte. Ausgetauscht werden die Informationen aber nur, wenn beide Seiten dies möchten. Das Nürnberger Senioren-Speed-Dating ist im Unterschied zum sonst üblichen Ablauf aber nicht auf Liebe ausgelegt, »sondern das Ziel ist es, neue Menschen kennenzulernen.«

Anfängliche Skepsis

In ihrem Studium an der Technischen Hochschule in Nürnberg haben die drei jungen Frauen den Schwerpunkt »Altern in der modernen Gesellschaft« gewählt: »Mit dem Austritt aus dem Beruf wird es schwerer, Kontakte zu knüpfen«, sagt Samantha Wisnioch. Ihrem Freunde-Speed-Dating gaben sie die Überschrift »Lebensfreu(n)de? Freizeitpartner gesucht?«. Ein halbes Jahr lang planten die Studentinnen ihre Veranstaltung, sprachen bei drei Einrichtungen vergebens vor. »Viele waren sehr skeptisch, ob unsere Idee funktionieren kann«, erinnert sich Wisnioch. Mit dem Seniorenzentrum am Tiergärtnertor fanden sie dann aber einen Partner, »der sofort dabei war«.
Und auch bei den Älteren trafen sie ins Schwarze: Sie kamen in Scharen. Statt der 20 erwarteten Anmeldungen waren es am Ende über 100. Damit, geben die Studentinnen zu, hatten auch sie nicht gerechnet. Ähnliche Angebote in anderen Städten hatten weniger gut funktioniert, Speed-Datings seien dort aber oft auf Liebe ausgelegt gewesen, weiß Wisnioch. Und: Sie und ihre Kommilitonen haben bewusst versucht, einen »lustigen Ansatz« zu finden.
40 Männer und Frauen der Altergruppe Ü 60 waren im Oktober im Seniorenzentrum am Tiergärtnertor dabei. Sie hießen Wilfried, Anne, Elisabeth oder Johanna, suchten nach einer Begleitung fürs Theater, einem Partner fürs Wandern oder Reisen – oder einfach nur jemandem zum Kartenspielen. Wisnioch, Golz und Köckeis haben den Tischen vorab Themen zugeordnet, von Kunst und Theater über Natur bis Sport, außerdem notierten sie mögliche Gesprächsthemen. Doch an der Kommunikation haperte es nicht, »die sind sofort miteinander in Kontakt gekommen«.
Auch deshalb sind sich die drei Studentinnen einig: »Speed-Dating ist nicht nur etwas für Jüngere.« Das findet auch Gerlinde Knopp vom Seniorenzentrum am Tiergärtnertor. Sie ist es, die den drei jungen Frauen die Chance für ihr Experiment gab. Schließlich, sagt sie, habe jeder Sehnsucht nach Gemeinschaft und will gerne Dinge mit anderen teilen. »Die Leute kommen mit Hoffnung«, weiß Knopp, die inzwischen eine zweite Senioren-Speed-Dating-Runde durchgeführt hat, mit weniger Teilnehmern und einem leicht veränderten Konzept, in dem man auch auf die Wünsche der Senioren aus Runde eins (»mehr Gesprächszeit«, »nicht so laut«) einging.
Diesmal bewegten sich die Besucher zuerst durch den Raum, in mehreren Runden, anfangs nur mit Blickkontakt, dann mit kurzen Gesprächen, bei denen nur eine Frage gestellt werden durfte. Später fanden sie sich an moderierten Thementischen wieder. An einem solchen lernte Gerda Sörgel, 83, eine Dame kennen, die tatsächlich in ihrer Nachbarschaft wohnt. Sie tauschten Telefonnummern aus und treffen sich nun zum Kaffeetrinken. Sörgel freut sich darauf, denn sie gibt zu, öfter allein zu sein, seit ihr Mann gestorben ist. Das Speed-Dating sei »eine gute Unterhaltung gewesen«, auch wenn man niemand wirklich intensiv kennenlernt. Sörgel findet: »Das sollte es öfter geben.«
Dann will auch sechs+sechzig-Kolumnistin Brigitte Lemberger mit dabei sein, »schon aus purer Neugier«. Aber auch mit dem Ziel, »nette Personen kennenzulernen, mit denen ich zum Beispiel spazieren gehen kann«, sagt die 79-Jährige. Gelegenheit, nach geeigneten Menschen Ausschau zu halten, hat die Journalistin auf der inviva. In vier Durchgängen bietet das Magazin sechs+sechzig dort Speed-Dating nach dem Konzept des Seniorenzentrums am Tiergärtnertor an.

Text: Timo Schickler; Illustration: Sebastian Haug

inviva-Tipp
Unter dem Motto »Finde Deinen Freizeit-Partner« findet das Speed-Dating am 28. Februar um 12, 13, 14 und 15 Uhr im Saal ­Madrid statt. Anmeldung erfolgt am Stand von sechs+sechzig.

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