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Neidisch auf den alten Vater

In einer Zeitschrift bin ich auf einen interessanten Artikel gestoßen. Darin beklagt eine erwachsende Tochter, die selber Single ist und die 50 bereits überschritten hat, über Neidgefühle gegenüber ihrem Vater. Dieser, ein flotter Senior jenseits der 70, ist kurz nach dem Tod der Mutter der umschwärmte Mittelpunkt aller reifen Damen in der Umgebung geworden. Die Blumen auf dem Grab der Mutter seien noch nicht verwelkt gewesen, da hatte der Vater schon eine Nachbarin, die ihm das Essen kochte, eine Freundin, die ihn zu Theaterabenden überredete und noch die eine oder andere Bekannte. Diese Beziehungen seien nicht alle platonisch, argwöhnte die Tochter, deren Sexualleben nach eigenem Bekunden weit hinter dem des Vaters zurücksteht.
Sie findet es ungerecht, dass Frauen jenseits der 50 als nicht begehrenswert gelten während Männer noch bis ins hohe Alters nichts von ihrer Anziehungskraft auf das weibliche Geschlecht zu verlieren scheinen.
Die Konsequenzen, die die Tochter aus ihren Beobachtungen zieht, finde ich jedoch zumindest fragwürdig. Anstatt sich selber zu öffnen für neue Bekanntschaften und eventuell doch noch für einen Partner, überrascht sie ihren Vater hin und wieder mit einem unangekündigten Besuch, um ihn so von einem allzu fröhlichen Lebensabend abzuhalten.
Das ist doch eigentlich traurig. Sie könnte doch etwas mehr Verständnis für die Lebensfreude des Vaters haben, schließlich ist diese eine der Voraussetzungen dafür, dass der Vater ihr noch länger erhalten bliebt, oder sehe ich das fasch?

2 Antworten

  1. Warum die Tochter so reagiert, könnte sie selbst nur unter zur Hilfenahme eines Psychologen, einer Psychologin ergründen, was sie sicher von sich aus nicht tun wird. Die “Schuld” sieht sie ja beim Vater. Sie ist – vielleicht weil zu behütet – nie erwachsen geworden und gelernt, ihr Leben durch eigene Vorstellungen und Entscheidungen zu gestalten. Auf einmal fühlt sie sich allein gelassen und nach dem Tod der Mutter, auch vom Vater, ganz im Stich gelassen. Man müßte vielleicht tiefer in die Vergangenheit gucken, um ihre Verhaltensweise besser zu verstehen und ihr vor allem aus dieser Selbstmitleidsfalle und lähmender Selbstsabotage heraus zu helfen, meine ich.
    Es sieht fast so aus, als ob ihr Vater eine Art Befreiung erlebt, das Leben wieder neu entdeckt, nach dem Tod der Mutter. Welche Rolle spielte diese Mutter in der Familie ? Welche der Vater und das Kind ? Eine komplexe Geschichte. Anscheinend sind hier viele Verletzungen im Laufe der Jahre passiert, die sich unbewußt jetzt zu manifestieren beginnen. Eine Familienaufstellung könnte evtl. auch eine Hilfe sein ?
    Eine Aussprache zwischen Vater und Tochter in Gegenwart bzw. mit Hilfe eines/einer psychologischen BeraterIn wäre ein guter Anfang. Ganz so pauschal kann man die Verhaltensweise der Tochter m.M. nicht beurteilen, bevor die Frage nach dem “Warum” wenigstens im Ansatz beantwortet wurde.

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