Anzeige

Der fränkische Kabarettist Bernd Regenauer hat die 50 überschirtten - wenn's auch nicht so aussieht. Foto: PR
Der fränkische Kabarettist Bernd Regenauer hat die 50 überschirtten – wenn’s auch nicht so aussieht. Foto: PR

Bei seinen Auftritten bekommt der Bamberger Kabarettist Mäc Härder zurzeit oft Radieschen geschenkt. Eigentlich nahe-liegend, denn der Titel seines neuen Programms lautet »Die Radieschen von oben«. Es geht um die Gefühlswelt der Generation 50 plus, für die das Glas des Lebens noch halb voll und nicht bereits halb leer ist. Härder, selbst 53 Jahre alt, kommentiert sein Thema auf der Bühne wie folgt: »Solange ich die Radieschen von oben sehe, gieße ich sie und mache mir meine witzigen Gedanken über diese komische Welt.« Zum Beispiel: Wo liegt das Hauptreservat aller Rentner im Winter? Auf den Kanarischen Inseln. Warum studiert ein 90-Jähriger noch Betriebswirtschaftslehre? Weil er die Firma seines Vaters übernehmen möchte. Oder um die Rente mit BaföG aufzubessern.
Doch auch einem Kabarettisten bleibt manchmal der Witz im Hals stecken. Im Jahr 2007 quälte sich Härder wochenlang mit einer Anfrage für eine Hospiztagung in Schleswig-Holstein herum. Er sollte dort das Thema »Tod und Sterben« auf die Schippe nehmen. Kann Kabarett  tröstende Antworten auf das Lebensende geben?, fragte er sich. Nach langen Überlegungen sagte er zu, auch deshalb, weil er es als eine einmalige Herausforderung empfand. Sein Mut verhalf ihm zum Erfolg: Die Zuschauer quittierten seinen Auftritt mit Tränen in den Augen. »Ich hatte Adrenalin im Blut, aber ich war glücklich«, erinnert er sich. Was sagt er heute dazu? Scheitern wäre nicht schlimm gewesen. Doch es nicht versucht zu haben, das hätte er sich nicht verziehen, meint er im Rückblick.
Er sei dankbar für sein Alter, sehe der Zukunft aber mit gemischten Gefühlen entgegen, sagt der Bamberger Entertainer und fügt hinzu: »Weil ich nicht davon ausgehen kann, dass ich gesund, robust und stabil bleibe.« Da der deutsche Mann erst seit gut 100 Jahren im Durchschnitt älter als 50 werde, empfinde er sich mit 53 Jahren schon in der »Zugabe« seines Lebensauftritts. Er sei kein Newcomer mehr und gehöre in den Medien nicht mehr zur bevorzugten Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen. Geradezu grotesk wirke es, so Mac Härder, wenn bei der sechs Mal im Jahr ausgestrahlten Sendung »Kabarett aus Franken« des Bayerischen Fernsehens Gäste unter 50 bevorzugt werden. Den dort auftretenden Künstlern soll außerdem empfohlen werden, zur Sendung Verwandte und Bekannte möglichst unter 50 mitzubringen. Will damit der als »Gruftisender« eingestufte Bayerische Rundfunk seinem Image entgegenwirken?
Diesem Eindruck widerspricht Redakteurin Nicola Bauer von BR-Franken entschieden. Sie räumte allerdings ein, dass Studentengruppen von Medienhochschulen, die an diesem Tag gerade den Sender in Nürnberg besichtigen, abends die Kabarettübertragung aus dem Foyer an der Wallensteinstraße besuchen können. »Generell bemühen wir uns um eine ausgewogene Besucherstruktur«, macht Bauer klar.
50 sei für ihn eine Zäsur gewesen, erläutert der Wortakrobat und spitzzüngige Spaßmacher Oliver Tissot aus Nürnberg. »Ich glaube, dass die heutigen 50-Jährigen mehr Freiheit und mehr Lebensfreude verspüren als früher«, stellt der Entertainer fest. Den Gedanken, dass Kabarettisten aus Altersgründen nicht abtreten müssen, empfinde er als reizvoll. Er könne es sich durchaus vorstellen, auf der Bühne zu sterben – so wie es auch häufiger von Schauspielern zu hören ist. Zum 50. Jubeltag »schenkte« er sich einen »fränggischen Grimi« mit dem Titel »Murggs«. Tissot spielte in der Verfilmung den Kommissar, ein Drehbuch gab es nicht. Der Streifen ist die satirische Antwort der fränkischen Kabarettszene auf den 2014 erstmals erscheinenden ARD-Tatort aus Nürnberg. Um die Wartezeit bis dahin zu verkürzen, kommt die fränkische Steilvorlage schon Ende 2013 in die Kinos. Tissot weiter: »Die Kollegen haben alle mitgemacht, ohne nach dem Honorar zu schielen. Das Projekt lebt von der großen fränkischen Solidarität.«
Tissot tritt häufig vor einem älteren Publikum auf und bekommt die soziale Ungleichheit der Rentner zu spüren. Bei Gastspielen auf Flusskreuzfahrten oder Golfplätzen begegne er einer großen Zahl wohlhabender älterer Menschen, die seiner Meinung nach meist abgeschottet für sich leben und kaum mitbekommen, wie die Altersarmut zunimmt, stellt er fest. Der 50-Jährige kreierte für sich das Berufsbild eines »Business-Comedian«, der bei Firmenveranstaltungen, Tagungen und privaten Feiern in ganz Deutschland auftritt. Er liest täglich mehrere Zeitungen und geht auf das tagespolitische Geschehen ein. Nachdem er sich akribisch auf seine Auftraggeber vorbereitet hat, sorgt er in der Rolle des Firmen-Hofnarren für gnadenlose Heiterkeit und Stimmung. »Das kommt immer wieder gut an«, weiß er zu berichten. Allerdings sei ihm bei Terminen aufgefallen, dass Vertreter bestimmter Berufe wie Journalisten, Unternehmensberater und Rechtsanwälte wenig Kritik und Spott vertragen.
Für den »Nämbercher« Bernd Regenauer, seit 30 Jahren im Showgeschäft, ist die Bühne nach wie vor ein Jungbrunnen. Natürlich nage der Zahn der Zeit an einem, meint der 57-jährige Komödiant und Autor, der schon Texte für Dieter Hildebrandt und die Sendung Scheibenwischer geschrieben hat. Mit seinem neuen Soloprogramm »Moneyfest – Einkommen und Geh’n« begibt er sich auf eine amüsante kabarettistische Reise in die Tresore und Schatzkammern unseres Alltags. Würde es ihm ebenfalls Spaß bereiten, einen ganzen Abend über Rentner und deren Schrullen herzuziehen? Regenauer: »Dafür fühle ich mich noch zu jung. Ich freue mich jedes Mal darüber, wenn ich wieder ein neues Programm auf die Beine gestellt und nach vielen Proben endlich den Text im Kopf habe«, bekennt er. Wie hält er sich fit? Er mache eigentlich nicht viel Sport, gibt er zur Antwort. Gelegentlich stehe mal ein Tennismatch mit Freunden an, am liebsten unternehme er Waldspaziergänge mit langsamen, mal flotten Schritten.    Sollte er nicht mehr auftreten können, was dann? Da stockt Regenauer kurz und antwortet dann: »Sicher würde das bei mir zu einer gewissen Verschrullung führen. Aber solange ich noch motiviert und geistig frisch bin, sehe ich da kein Problem.« Und was die Rente mit 67 betreffe, die gebe es für Kulturschaffende nicht. »Mich kann eigentlich nur das Publikum in den Unruhestand schicken. Für mich ist es wichtig, die Neugier fürs Leben wach zu halten und die gesellschaftliche Entwicklung kritisch zu beobachten.«
Also doch Kabarett bis ins hohe Alter? Dieter Hildebrandt (86), der Übervater des politischen Kabaretts, scheint es allen vorzumachen. Am Schluss seiner Auftritte rappt er ein Lied im Stil der jungen Generation – mit Tanzeinlage am Krückstock. Von ihm stammt der schöne Satz: »Was? Ich aufhören? Müsste ich doch einen Therapeuten bezahlen.«
Für den Bamberger Mäc Härder gäbe es allerdings einen Grund, dem Publikum den Rücken zu kehren: »Bei mir hängt es davon ab, ob ich dann noch gut auf der Bühne bin. Wenn das nicht mehr der Fall sein sollte, hoffe ich, dass es mir jemand aus meinem Freundeskreis sagt und ich nicht in Sturheit versinke.«
Und wie sehen das die Frauen auf der Bühne? Die pfundig frivole und selbstbewusste Lizzy Aumeier wollte keine Fragen zu dem Thema beantworten. Die Musik-Kabarettistin, die im nächsten Jahr 50 wird, will das Geburtstagsfest nicht groß feiern.
 Die Kabarettisten sind live zu erleben:
Mäc Härder: »Die Radieschen von oben«,
2. und 3. Februar 2014 im Nürnberger Burgtheater; 6. Februar im fifty-fifty in Erlangen; 20. Februar in Langenzenn, Alte Post
Bernd Regenauer: »Moneyfest«, 4. Januar 2014 KunstKulturQuartier Stadt Nürnberg und 2. Februar KunstKulturQuartier

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Skip to content